Die beiden Urkräfte Yin und Yang gehören zu den ältesten und fundamentalsten Grundbegriffen der chinesischen Philosophie und Medizin. Auch ihr Symbol ist jedem von uns bekannt. Doch wofür steht es?
Yin und Yang stehen für die Grundkräfte des Lebens. Sie bilden eine Einheit, sind untrennbar miteinander verbunden und bedingen sich gegenseitig. Ihr Symbol soll die Wechselwirkung der polaren Kräfte (Hitze & Kälte, Tag & Nacht, etc.) veranschaulichen. Yin und Yang stehen sich gegenüber, ergänzen sich aber auch gegenseitig. Jedes kann nur durch die Existenz des anderen sein und enthält gleichzeitig einen Teil des anderen in sich.
Ein besseres Verständnis für die enge Verbindung von Yin und Yang liefert uns das Bild einer brennenden Kerze. Darin steht die Kerze für den Yin-Aspekt, während die Flamme das Yang repräsentiert. Nie können beide gleichzeitig stärker oder schwächer werden. Nimmt etwa die Kraft der Flamme zu, brennt die Kerze umso schneller hinunter. Sind jedoch beide in einem ausgewogenen Verhältnis, brennt die Kerze langsam und ruhig.
Auch bei einem gesunden Menschen befinden sich beide Kräfte im Gleichgewicht. Gerät dieses Gleichgewicht aus dem Takt, kann dies zu Krankheiten führen. Nach dem Verständnis der Traditionellen Chinesischen Medizin ist daher jede Krankheit auf ein Ungleichgewicht des dynamischen Zusammenspieles zwischen Yin und Yang zurückzuführen.
In der TCM sind auch alle Körperteile und Organfunktionen nach Yin und Yang eingeteilt. Zur Yin-Seite zählen unter anderem das Körperinnere, die Lunge, das Herz, die Leber sowie Kälte und Feuchtigkeit. Dem Yang zugeordnet sind das Körperäußere, der Dick- und Dünndarm sowie Hitze und Trockenheit. Im Körper steht Yang unter anderem für die Wärme, die Energie und Aktivität sowie die Lebensfreude. Nach dem Verständnis der TCM zeigt sich daher ein Yang-Mangel in Kältegefühl und ständigem Frieren, Müdigkeit oder depressiven Verstimmungen. Yang-Fülle äußert sich in Form von Hitzegefühl, Schwitzen, Sodbrennen, Aggressivität und Wut.
Yin und Yang oder warum Disharmonien laut TCM Krankheiten auslösen können
Aus Sicht der TCM entstehen Erkrankungen aus einem Ungleichgewicht des dynamischen Zusammenspiels zwischen Yin und Yang. Sie verkörpern das Gegensätzliche, aber auch das Ergänzende (Kälte-Wärme, Feuchtigkeit-Trockenheit,…). Yang steht für Wärme, Energie, und Lebensfreude. Yin kontrolliert dieses „Feuer“. Yin und Yang Aspekte werden in der TCM immer für die Erklärung von Disharmonien herangezogen. Ein Beispiel: Ein Yang-Mangel, also an Mangel an Wärme, kann sich in Form von Erschöpfung, Müdigkeit, kalten Händen und Füßen oder wiederkehrender Erkrankungen zeigen. Umgekehrt sind Hitzewallungen, Nachtschweiß, trockene Haare, rissige Lippen oder häufiger Durst typische Zeichen für einen Yin Mangel.
Grundlehre Nr. 2:
Die 5 Grundsubstanzen
Laut TCM gibt es in unserem Körper fünf Grundsubstanzen, die für die verschiedenen Lebensabläufe sorgen.
Qi – die Lebensenergie
Als wichtigste dieser Grundsubstanzen gilt das Qi. Es beschreibt im Grunde genommen die Lebensenergie und ist ein fundamentaler Begriff in der TCM. Im übertragenen Sinn bedeutet es so viel wie „Energie“, „Vitalität“, „Quelle des Lebens“ oder „innere Kraft“. Als die drei Quellen für Qi gelten das „vorgeburtliche Qi“, das von den Eltern auf das Kind übertragen wird, das „Nahrungs-Qi“, das der Mensch aus der Nahrung aufnimmt, und das „Atem-Qi“, das von der Lunge aus der Luft gewonnen wird. Bei einem gesunden Menschen durchströmt das Qi harmonisch und gleichmäßig den Körper und versorgt ihn mit Lebensenergie – sowohl auf körperlicher wie auf geistiger Ebene. Unsere Gesundheit ist also davon abhängig, ob Qi ausreichend vorhanden ist und ungehindert fließen kann.
Jing – die Lebensessenz
Jing bedeutet so viel wie „Essenz“ oder „Lebenssamen“. Ein Teil von Jing ist vorgeburtlich und mit den westlichen Genen vergleichbar. Daher bestimmt Jing auch die Entwicklung, das Wachstum, die Fortpflanzung und den Alterungsprozess. Der zweite Teil des Jing ist nachgeburtlich und daher stark von der eigenen Lebensweise abhängig. Durch gesunde Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf, etc. können wir nach dem Verständnis der TCM das Jing schonen und so die eigene Lebensspanne verlängern.
Shen – die Geisteskraft
Shen gehört neben Qi und Jing zu den „drei Schätzen“ der TCM. Alle drei sind eng miteinander verbunden. Shen steht für den Geist und kontrolliert unser Denken und unser Fühlen. Also das Bewusste ebenso wie das Unbewusste. Shen steht daher nicht nur für unsere Intelligenz und das Erinnerungsvermögen. Auch Emotionen und Erfahrungen beeinflussen unser Shen und damit letztlich unsere Lebenseinstellung. Nach der TCM erkennt man daher ein gesundes Shen an den leuchtenden Augen, der klaren Sprache und der positiven Ausstrahlung eines Menschen.
Xue – Blut
Der Begriff Xue wird meist mit „Blut“ übersetzt, geht in der TCM aber weit über die westliche Vorstellung von Blut hinaus. Denn Xue beinhaltet auch einen energetischen Aspekt. Das Blut versorgt nicht nur die Organe mit Nährstoffen und befeuchtet den Körper, es nährt auch das Qi. Das Qi wiederum bewegt das Blut im Körper. Daher sind Xue und Qi in der TCM eng miteinander verbunden.
Jin Ye – die Körperflüssigkeiten
Jin Ye ist in der TCM der Sammelbegriff für alle Körperflüssigkeiten. Darunter fallen alle Arten von klaren und trüben, dünn- und dickflüssigen Körperflüssigkeiten. Also Sekrete, Schweiß, Speichel oder Tränen ebenso wie Gelenkschmiere oder Urin.
Nach Vorstellung der TCM zirkuliert das Qi (also die Lebensenergie) auf einem Netz an energetischen Bahnen, die unseren gesamten Körper durchziehen. Sowohl an dessen Oberfläche als auch im Körperinneren. Meridiane sind somit Energieleitbahnen, die alle Bereiche des Körpers – also jedes Organ, jeden Muskel und jede Zelle – mit Energie und Blut versorgen. Ähnlich wie die Nervenbahnen, Arterien, Venen und Lymphgefäße.
Die TCM unterscheidet dabei verschiedene Meridiansysteme:
Die 12 Hauptmeridiane sind je zur Hälfte in Yin (Speicherorgane) und Yang (Hohlorgane) unterteilt und stehen in Verbindung mit den inneren Organ- bzw. Funktionskreisen. Sie sind einander jeweils paarweise zugeordnet (z.B. Niere-Blase, Herz-Dünndarm) und symmetrisch auf beiden Körperseiten zu finden. Die Hauptmeridiane liegen direkt unter der Haut und sind daher am einfachsten für verschiedene Behandlungen (speziell Akupunktur) zugänglich. Für die klassische Akupunktur oder Akupressur spielen fast ausschließlich diese 12 Hauptmeridiane eine Rolle. Stimuliert man bestimmte Reizpunkte auf der Haut, kann man laut TCM unmittelbar auf den Organkreis sowie die ihm zugeordneten seelischen Belange einwirken.
Die acht außerordentlichen Meridiane haben keine direkte Verbindung zu den Organen und bis auf zwei auch keine eigenen Akupunkturpunkte. Sie liegen im Inneren des Körpers und werden über Verbindungspunkte der Hauptmeridiane aktiviert. Diese Meridiane stehen in enger Verbindung zu unserer Essenz (Jing) und verteilen die sogenannte Ursprungsenergie im Körper.
Neben diesen gibt es noch sogenannte Luo Gefäße, die die 12 Hauptmeridiane über spezielle Punkte miteinander verbinden.
Die oberste energetische Schicht bilden die tendinomuskulären Meridiane. In ihnen fließt die sogenannte Abwehrenergie. Die verhindert, dass krankmachende Faktoren in den Körper eindringen und spielen speziell bei der Massage oder beim Schröpfen eine Schlüsselrolle.
Als Erfahrungsmedizin basiert die TCM auf Beobachtungen von Naturgesetzen, die auf den Menschen übertragen wurden. Daher ist auch die 5 Elemente-Lehre bzw. das Konzept der 5 Wandlungsphasen tief in der traditionellen chinesischen Philosophie verankert. Sie besagt im Grunde, dass sich alles – auch Organe und Funktionen – in die 5 Grundelemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser aufteilen lässt. Diese fünf Elemente gelten als Grundkräfte der Natur, die sich in jedem Menschen wiederfinden. Sie sind jedoch nicht statisch, sondern unterliegen einem ständigen Wandel und stehen in dynamischer Wechselwirkung zueinander.
Daher sind die 5 Wandlungsphasen auch ein universelles System zur Beschreibung zyklischer Prozesse, der Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt sowie zwischen den einzelnen Organen und Funktionen im menschlichen Organismus.
Verdeutlicht werden die Phasen häufig an der Jahreszeitenfolge, wobei man in der TCM analog zu den fünf Wandlungsphasen von fünf Jahreszeiten spricht.
Warum die Zahl 5 in der TCM eine große Rolle spielt
In China gilt die Zahl 5 als die Zahl des Lebens. Verkörpert wird sie unter anderem durch die 5 Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Diese 5 Elemente wiederum werden 5 Wandlungsphasen zugeordnet, die in der chinesischen Lehre der Beschreibung von zeitlichen Abläufen, so wie den Jahreszeiten (in China unterscheidet man dabei ebenfalls 5) aber auch den Wachstums- und Entwicklungsphasen des Menschen, dienen.
In der Therapie gibt es ebenfalls 5 Säulen, um die körperlichen sowie psychoemotionalen Beschwerden zu behandeln.
Die Traditionelle Chinesische Medizin greift auf fünf verschiedene Behandlungsverfahren zurück, die auch als die „fünf Säulen“ der TCM bezeichnet werden. Jede Behandlung erfolgt individuell und zielt meist auf eine Veränderung der bisherigen Lebensgewohnheiten ab, die eine Disharmonie und damit Erkrankung verursacht haben.